„Zu kurz!“, dachte ich, als sich nach gerade mal 80 Minuten Spielzeit der Vorhang schon wieder vor die Leinwand des ersten Kinosaals im Scala Lüneburg schob. Die Verfilmung des Theaterstückes „Der Gott des Gemetzels“, von Yasmina Reza, durch Roman Polanski weicht deutlich von dem Erscheinungsbild einer durchschnittlichen Komödie ab. Denn einen Handlungsstrang gibt es in dieser schwarzen Komödie nicht.
Das Geschehen spielt an einem einzigen Ort, einem Apartment einer vierköpfigen Familie in Brooklyn, und wird von lediglich vier Schauspielern (Kate Winslet/Christoph Waltz und Jodie Foster/John C. Reilly), zwei Ehepaaren, dargestellt. Der Grund, wieso Penelope und Michael Longstreet (Foster und Reilly) Nancy und Alan Cowan (Winslet und Waltz) zu sich einladen, ist der, dass ihr Sohn von dem der Cowans mit einem Stock geschlagen wurde.
Die anfänglichen Versuche, den Konflikt auf friedlicher Basis zu lösen, schlagen allmählich in gegenseitige Kritiken an den Erziehungsmethoden der Paare um. Schnell zeigt sich, dass auch die Ehepaare nicht immer einheitlicher Meinung sind. Zunächst scherzen die Männer über jungenhaftes „Gangverhalten“ und ihre eigene Kindheit, doch auch hier zeigt sich schnell Rivalitätsverhalten. Ist Alan ein erfolgreicher Anwalt für einen Pharmazie-Konzern, so ist Michael im Eisenwarengroßhandel tätig.
Spätestens, nachdem sich Nancy über den Couchtisch und die seltenen Kunstmagazine Penelopes übergeben hat, ist die Fassade der höflichen und gebildeten Konversation zerstört. Besonders die sozialkritische Penelope, die an einem Buch über den Darfur-Konflikt arbeitet, gerät immer wieder in Auseinandersetzungen mit der sarkastischen Gelassenheit Alans, dessen geschäftliche Telefonate immer wieder die Unterhaltung stören.
Doch auch die Eheprobleme der Paare treten ungezügelt zu Tage. Michael, der sich selbst als cholerischen Hasser bezeichnet und den Hamster seiner Tochter letzte Nacht entsorgt hat, trifft mit seinem Pessimismus auf das Verantwortungsgefühl seiner Frau den Entwicklungsländern gegenüber. Nancy, die ihrem Mann vorwirft, sich nur für seine Arbeit zu interessieren und sie mit dem Haushalt allein zu lassen, obwohl sie nebenbei noch als Finanzberaterin tätig ist, ertränkt kurzerhand das Handy Alans in einer Tulpenvase.
Als die Beteiligten beginnen, sich mit Rum zu betrinken, wird die Stimmung nochmal aggressiver und die Anzahl der Beschimpfungen nimmt zu. Alan, der schon immer an den Gott des Gemetzels geglaubt hat, fühlt sich in seiner Weltanschauung bestätigt.
Ein etwas anderer Kinofilm, der sehr unterhaltsam ist und gleichzeitig die Abgründe der Ehe sehr ergreifend darstellt. Die schauspielerische Leistung der Starbesetzung tritt besonders durch die extrem emotionalen Darstellungen der Charaktere hervor, da diese sich nicht an einer Handlung orientieren können, sondern ihren Ausdruck allein auf den Rahmen einer Konversation beschränken müssen. Die überaus überzeugende Darbietung wurde an keiner Stelle zu eintönig und hätte die Kinobesucher durchaus noch länger in ihren Sesseln halten können.
Der Film ist erst Donnerstag angelaufen und noch für einige Zeit im Scala Lüneburg zu genießen:
http://www.scala-kino.net/filme/der-gott-des-gemetzelsAmina - Salzreporter
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