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Sonntag, 1. Januar 2012

Cyberfreundschaften

Wer kennt das nicht? In der Schule ist es überhaupt nicht gut gelaufen, vielleicht hat man eine schlechte Arbeit wiederbekommen und wenn man zu Hause ist setzt man sich erst mal an den PC um – wie passend - runterzufahren. Denn was hilft bei schlechter Laune schon mehr als seinen Cyberfreunden zu erzählen was alles schiefgelaufen ist. 

Bei denen besteht wenigstens nicht die Gefahr, dass sie Anderen von den eigenen Problemen erzählen, weil man ja keine gemeinsamen Freunde hat. Außerdem spannen sie einem nicht den Freund aus oder sind beleidigt wenn man einmal keine Zeit oder Lust hat sich mit ihnen zu treffen. Die Gespräche laufen immer nach dem gleichen Schema ab, da man sich sowieso nur anschreibt wenn man sich gerade bei jemandem ausheulen will. Weil Beide ihre Probleme gerne loswerden wollen und Aufmerksamkeit und am Besten auch eine Lösung für das Problem wollen überspringt man den lästigen, zeitraubenden Smalltalk einfach und fängt sofort an, von seinen Problemen zu berichten. Die Begrüßung ist eigentlich auch ziemlich überflüssig und irrelevant deswegen geht’s direkt los.

„Heute war schon wieder so ein ätzender Tag bei mir."
Natürlich beinhaltet so eine Freundschaft, dass die andere Person auf so einen Satz sofort mit Mitleid oder einem „Warum?" reagiert, ob es sie interessiert oder nicht, das ist in den ungeschriebenen Regeln der Cyberfreundschaften so festgelegt. Wenn man noch eine halbe Stunde Zeit hat um dem Anderen sein Problem zu erzählen fragt man der Höflichkeit halber und um Interesse zu vermitteln zu erst, wie es dem Freund/der Freundin geht. Die Frage ist eigentlich auch überflüssig, da natürlich von vornherein klar ist, dass es der anderen Person mindestens genau so schlecht geht.
Falls der unwahrscheinliche Fall, dass es einem tatsächlich mal gut geht doch eintreten sollte, kann man natürlich nicht erwarten, dass der Andere sich für einen freut. Viel eher erwartet der Andere dann, dass man noch mehr Mitleid für seine Probleme aufbringen kann, weil man mehr Mitleid übrig hat wenn man sich nicht auch noch selbst bemitleiden muss. Im besten Fall wird man also von den Problemen des Anderen mit runtergezogen und hat somit auch wieder ein Problem, dass man dem Anderen berichten kann.
„Es zieht mich immer so runter, wenn es anderen schlecht geht. Ich hab immer so ein schlechtes Gewissen wenn es mir gut geht, während es anderen schlecht geht."

Das Mitleid von der anderen Seite, die ja eigentlich der Auslöser für die erneute schlechte Laune ist, ist dann eine Selbstverständlichkeit. Aber auch in solchen unkomplizierten inhaltslosen Freundschaften kann es zu Streit kommen. Geht es der einen Person gut und sie weiß, dass die Probleme der anderen Person sie runterziehen und sie antwortet deswegen nicht oder hat einen Vorwand, um sich die Probleme nicht anhören zu müssen wird einem sofort vorgeworfen, dass man nie für den Anderen da sei wenn es darauf ankäme. Am Ende werfen sich Beide gegenseitig das Gleiche vor, dass den Problemen nicht die nötige Aufmerksamkeit geschenkt wird, dass die andere Person sich eigentlich gar nicht für einen interessiert sondern nur irgendwo ihre Probleme loswerden will...

Und es stimmt ja auch und beide Seiten wissen das. Aber am Ende vertragen sie sich wieder, gerade weil es stimmt. Aber trotzdem nimmt man das in Kauf und ignoriert es. Solange man denkt, dass die andere Person sich wirklich für einen interessiert wird es ein Stück weit zur Realität. Wahrscheinlich ist es im Endeffekt besser überhaupt jemandem von seinen Problemen zu erzählen, auch wenn man sich dafür die Probleme des Anderen anhören muss. Und alles was man tun muss um ein bisschen (geheucheltes) Interesse zu bekommen, ist Interesse vorzuheucheln.

Louisa Esch

3 Kommentare:

  1. Da hat sich wer richtig Gedanken gemacht! Cool!

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  2. ich persönlich finde cyberfreude sind nicht zum ausheulen da.

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  3. Das stimmt absolut. Mit Cyberfreunden rede ich meist nur bla-bla, es interessiert doch eh keinen...

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