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Donnerstag, 1. Dezember 2011

Ein Schultag in St. Petersburg

7 Uhr morgens, der Handywecker klingelt. Ich schrecke hoch, reibe mir die Augen, mache den Wecker aus und ab Richtung Dusche. Auf dem Weg dorthin spendet mir die Gastmutter ein nettes Lächeln und begrüßt mich mit „Dobroe Utro“ was „Guten Morgen“ auf Russisch heißt.

Das Duschwasser riecht ein wenig nach Chlor, ist aber schön warm und mit ein wenig Duschgel stört auch der Chlorgeruch nicht mehr. Raus aus der Dusche, abtrocknen und wieder zurück ins Zimmer. Nun sitzt auch schon meine Austauschpartnerin, Wika, in der Küche. Sie begrüßt mich auf Deutsch, ich grüße auf Russisch zurück. Im Zimmer angekommen schnell anziehen, auf die Handyuhr gucken, 7:26. Ab in die Küche. Die Mutter hat schon lecker „Blini“ gebraten, russische Pfannkuchen, dazu gibt es einen warmen Tee. Diesen Morgen entscheide ich mich gegen den typisch russischen schwarzen Tee und nehme den grünen Tee. Nachdem ich aufgegessen habe, müssen wir auch schon los. Die Mutter drückt mir noch das Pausenbrot in die Hand und ich stopfe es in meinen Rucksack.

Es ist 7:48. Schnell noch die Jacke angezogen, Tür öffnen, raus aus dem Plattenbau und dann in Richtung Straßenbahn gehen. Die Straßenbahn sieht etwas älter aus und stammt noch aus Sowjetzeiten. Zwischendurch geht mal das Licht aus, ab und zu auch mal der Motor.
Wie jeden Morgen kommt eine etwas ältere Frau vorbei und verlangt von mir die Netzkarte. Ich zeige sie ihr, sie scannt sie ab und schon ruckelt die Bahn los.  An den nächsten Haltestellen steigen eine Menge weiterer Leute hinzu. Nach ungefähr 9 Stationen und 40 Minuten Fahrt sind wir da. Nein, noch nicht an der Schule, aber an der Metro-Station.


Kaum betreten wir das Gebäude, stehen wir auch schon eng an eng mit einer Menge anderer Menschen. Nachdem wir nun ein zweites Mal unsere Netzkarte benutzen, tauchen wir auch schon in den Untergrund ab. Geschoben von den Menschenmassen, fahren wir nun ca. 2-3 Minuten Rolltreppe. Das liegt daran, dass die St. Petersburger U-Bahn Schächte in einer Tiefe von 50-75 Metern liegen. Die noch nicht eröffnete U-Bahn Station Admiralteiskaja liegt sogar 102 Meter unter der Erde. Als wir unten ankommen probieren wir uns bestmöglich einzuordnen, damit wir die nächste U-Bahn kriegen. 4 U-Bahn Stationen und massenweise Gedrängel später, sind wir endlich an der U-Bahn Station Newski Prospekt, die an der gleichnamigen Hauptstraße St. Petersburgs liegt. Es ist 10 vor 9 und es heißt aussteigen und ab zur Schule, die direkt im Stadtzentrum, also auch am Newski-Prospekt liegt. Sie heißt Petrischule und hat eine 300 Jahre alte Tradition in St. Petersburg. In der Schule angekommen treffe ich sowohl auf meine deutschen Mitschüler als auch meine russischen Klassenkameraden und wir unterhalten uns.

Das erste Fach ist Informatik. Alle Schüler sitzen am Computer und bearbeiten die Aufgaben der letzten Woche, Werte in Excel eingeben. Anschließend geht es in den Sozialkunde Unterricht. Die Lehrerin redet die ganze Stunde über Lenin & Co und die Schüler müssen die ganze Zeit mitschreiben, typischer Frontalunterricht. Sportunterricht unterscheidet sich am stärksten von unserem. Man könnte sagen dass der Sportunterricht freiwillig ist, da kaum jemand mitmacht. Das Fach Deutsch wird in meinem Fall nur auf Deutsch unterrichtet und ist das Schwerpunktfach , da die Schule eine deutsche Schule ist und die Schüler alle seit der 1. Klasse Deutsch lernen. Den Matheunterricht habe ich selber nicht miterlebt, Wika mag Naturwissenschaften aber sehr gerne und sagte dass sie dort viele Aufgaben rechnen und das Mathe sehr viel Spaß macht. In den anderen Naturwissenschaften werden sehr selten Experimente gemacht, was wieder ein Unterschied zu Deutschland ist. Im Großen und Ganzen habe ich das russische Schulsystem als deutlich theoretischer empfunden.

16:03, nach dem Unterricht gehen wir aufgrund der sehr guten Lage der Schule durch die Innenstadt St. Petersburgs. Aber egal wo man war, man hatte immer kostenloses Internet. Bei Mc Donalds oder Subway saßen viele Leute mit Laptop und aßen nur einen kleinen Burger oder eine Pommes und in den Kaufhäusern setzten sich viele Leute mit ihren Handys auf die Bänke. Das für uns verrückteste W-Lan Netz war mitten in einem Park bei der Sommerresidenz Peterhof von Zar Peter dem 1.

17:57, nachdem wir den Nachmittag in der Innenstadt verbracht hatten fuhren wir wieder nach Hause. In der am späten Nachmittag noch nicht so vollen U-Bahn unterhielten wir uns über unseren Tag und waren froh wenn wir nach einer Stunde endlich wieder zuhause ankamen. Dort gab es wieder was Gutes zu Essen, heute Bohnen, Speck und gebratene Putenstreifen und natürlich Tee. Ich chattete noch ein wenig mit Freunden, skypte mit meiner Familie in Salzhausen und ging dann, deutlich später als in Deutschland, um ca. 23:30 ins Bett. Für Wika und die anderen Russen ist das ziemlich typisch.

Florian Sylvester


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